KLIMAANPASSUNG IM WOHNUNGSBAU, KOPERNIKUSSTRASSE

Nichtoffener Wettbewerb
Auslober Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Ingolstadt
mit H2R Architekten + Stadtplaner und liebald + aufermann Landschaftsarchitekten
Juni 2021

Städtebau

Das Gesamtkonzept für das Quartier geht von den vorhandenen Qualitäten im Gebiet aus und entwickelt diese weiter. Die vorhandenen Höfe bieten den Charme eines Parks. Wir haben das „Wohnen im Park“ als Leitmotiv aufgenommen für unseren Entwurf. Prägend sind großzügige weit vernetzte Grünräume, in die zeilenförmige Wohnbauten frei platziert sind. Störend wirken die zu den Erschließungsstraßen angeordneten großflächigen oberirdischen Parkplätze und eingeschossigen Garagenanlagen. Daher schlagen wir vor, die Parkplätze an drei Standorten im Gebiet in mehrgeschossigen Parkplatzanlagen zu bündeln, so dass neue grüne Freiräume auf den freiwerdenden Flächen entstehen. Durch die Anordnung an den Rändern des Quartiers wird der Verkehr aus dem Gebiet herausgehalten, die Querstraßen (Kopernikus-, Keppler- und Guerickestraße) werden als Wohnwege umgestaltet. Es entsteht ein nahezu autofreies Quartier „Wohnen im Park“.

Bei Einfahrt in das Gebiet von der Gaimersheimer Straße in die Liebigstraße fassen wir den vorhandenen Standort mit Geschäften und Dienstleistung durch einen südlich der Liebigstraße angeordneten Parkautomaten städtebaulich. Wir schaffen hier mit einem innovativen, wirtschaftlichen automatischem Parksystem einen Ort für eine zukunftsfähige Mobilität. Hier sind zum einen sehr platzsparend viele Pkw untergebracht, zum anderen gibt es im Erdgeschoss Flächen für alternative Mobilitätsformen mit Fahrradwerkstatt, Paket und Carsharing Station.

Eine großzügige Quartiersgarage an der Liebigstraße nimmt weitere Stellplätze auf und bietet große extensiv begrünte Dachflächen für die Nutzung durch Photovoltaikanlagen. Durch eine grüne lebendige Fassade fügt sich die Kubatur harmonisch in das „Wohnen im Park“. Für den Realisierungsteil schlagen wir eine Quartiersgarage an der Richard-Wagner-Straße vor. Auch hier wird eine Grüne Haut die Kubatur in das „Wohnen im Park“ integrieren. Durch die Positionierung der Quartiersgarage zur Hauptverkehrsstraße hin, entsteht nördlich davon ein geschützter Ort für den Neubau des seniorengerechten Wohnens im Grünen.

Im westlichen Bereich des Ideenteils schlagen wir Dachaufstockung der drei Flachdachgebäude vor. Im Realisierungsteil schlagen einen achtgeschossigen Neubau vor, der einen städtebaulichen Ankerpunkt im inneren Gefüge des Quartiers in O-W Richtung bildet.

Architektur

Wir schlagen einen bis zu acht-geschossigen Baukörper für den Neubau vor. Die Kubatur ist wohlproportioniert gegliedert und reagiert mit unterschiedlichen Gebäudehöhe auf die direkte Nachbarschaft im Bestand. Die Westseite orientiert sich zum neuen Quartiersplatz. Die Ostseite mit Ausrichtung in einen grünen Bestandshof staffelt sich in fünf Gebäudehöhen. Auf den Rücksprüngen im zweiten und vierten Obergeschoss entstehen Dachflächen, die für die Tier- und Pflanzenwelt als geschützte Rückzugsorte dienen. Im sechsten Obergeschoss entsteht eine Dachfläche, die von der zentralen Erschließung aus zugänglich ist. Hier ist der Ort für eine nach Westen und zum Quartiersplatz ausgerichtete gemeinschaftliche Dachterrasse, von der schöne Sonnenuntergänge aus genossen werden können. Im siebten Obergeschoss schlagen wir eine Dachterrasse nach Osten vor, zusätzlich ist hier als Gemeinschaftseinrichtung eine „Waschbibliothek“ angeordnet. Hier können die Bewohner*innen waschen, lesen und ratschen. Auch ein Hochbeet mit Kräutern ist hier für die Gemeinschaft auf der Dachterrasse vorgesehen.

Der kompakte Grundbaukörper bietet die bis zu acht Wohnungen pro Geschoss und hat eine gestaffelte Außenhülle. Durch die gebäudehohen Rücksprünge entstehen Pflanzbereiche, die eine Fassadenbegrünung in verschiedenen Tiefen ermöglichen. In der äußeren Ebene können zum einen Fassadengrün aber auch erforderliche Sonnenschutzelemente und Nistmöglichkeiten für Vögel untergebracht werden.

Die Erschließung erfolgt jeweils durch ein zentral angeordnetes Schachteltreppenhaus mit integrierter Aufzugsanlage. Die effizienten Grundrisse sind kompakt mit Wohnküchen gestaltet, die Wohnzimmer öffnen sich zu den Balkonen. Der gewünschte Wohnungsmix aus barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen wird erreicht. Im Erdgeschoss sind vier Wohnungen zu den grünen Höfen des Quartiers angeordnet. Eine davon kann als Gästewohnung oder für einen Gemeinschaftsraum konzipiert werden, so dass die Bewohner*innen auch problemlos Besuch im eigenen Haus unterbringen können. Das Eingangsniveau zum Wohnhaus ist leicht angehoben und ermöglicht somit ein leichtes Luftgeschoss im südlichen Teil. Die Wegebeziehung vom Quartier zur Bushaltestelle an der Gaimersheimer Straße wird hier durch das neue Wohnhaus hergestellt. Direkt gegenüber dem Hauseingang sind offen gestaltete Fahrradstellplätze mit Ladestationen und Abstellmöglichkeiten / Wechselplätze für Rollstühle.

Die Gebäudehülle kann inklusive technischer Installationen und Fenster einfach in vorgefertigten Elementen montiert werden. Die Fassade aus Schichtholzverschalung macht die nachhaltige Bauweise konkret erfahrbar und geht mit den Putzbauten der Umgebung eine spannungsvolle Beziehung ein. Die Vorfertigung der Bauteile verspricht eine kurze Bauzeit und eine minimale Belastung der Anwohner durch die Baustelle. Die Fassadenstaffelung ermöglicht ein urbanes und multifunktionales Tool: vertikale Gärten für Pflanzen und Menschen und Tiere. Der teilunterkellerte Neubau wird als Massivbau in Stahlbetonweise mit nichttragenden Holzfassaden geplant. Der Lastabtrag erfolgt über die durchgehenden tragenden und aussteifenden Erschließungskerne, den tragend ausgebildeten Wohnungstrennwänden, sowie Zusatzstützen im Innen- und Fassadenbereich. Die Geschossdecken werden als punkt- und linienförmig gestützte Hohlkörperdecken vorgesehen. Die Balkone werden in Stahlbauweise mit Längs- und Querträgern und Belag aus Pressrosten geplant.

Tragenden und aussteifenden Bauteile, Trennwände sowie Decken sind in feuerbeständiger Bauweise auszuführen. Auf die Anordnung einer inneren Brandwand kann verzichtet werden. Das gesamte Rettungswegekonzept wird ausschließlich in baulicher Art und Weise sichergestellt. Alle Nutzungseinheiten schließen an einen notwendigen Flur an, hierüber lassen sich zwei voneinander unabhängige notwendige Schachteltreppenräume mit separatem Ausgang erreichen.

Ein Anschluss an die Fern- alternativ Nahwärme wird geprüft, eine Unterstation im UG ist vorgesehen. Es ist der Einsatz von Wohnungsstationen zur Versorgung mit Heizenergie und warmem Trinkwasser geplant. Für die Wohnungen wird ein Lüftungskonzept nach DIN 1946-6 erstellt und für die Lüftungsstufe – „Lüftung zum Feuchteschutz“ – als nutzerunabhängige Lüftung realisiert. Dezentrale Außenwanddurchlässe in den Laibungen werden zur Wärmerückgewinnung in der Planung realisiert. Für die Nutzung von Solarenergie durch PV-Module wird eine Leitungstrasse vom Untergeschoss bis auf die Dachfläche geführt.