NEUES STADTQUARTIER GEHRENSEESTRASSE

Konkurierendes Werkstattverfahren mit Mehrfachbeauftragung
Auslober Belle Époque Gehrensee Beteiligung GmbH
und HOWOGE Wohnungsbaugesellschaft mbH
August 2018

Engere Wahl, 4. Rang

Städtebauliches Konzept

Das Bearbeitungsgebiet nimmt den Großteil eines annähernd trapezförmigen Blocks zwischen Rhin- und Wollenberger Straße bzw. Wartenberger und Marzahner Straße ein und befindet sich in einer städtebaulich sehr heterogenen Umgebung, sowohl in Maßstab als auch in Nutzung. Nördlich und südlich grenzt es an kleinteilige Ein- und Mehrfamilienhäuser, östlich und süd-westlich befindet sich großmaßstäbliche Gewerbebebauung. Westlich, gegenüber der Rhin- und Wartenberger Straße, stehen Plattenbauten von zwölf Geschossen sowie ein 21-geschossiges Punkthochhaus.

In diesem heterogenen Umfeld bildet das neue Quartier eine ordnende Struktur aus harmonisch proportionierten Baukörpern und Freiflächen. Es entsteht ein urbanes und durchmischtes Stück Stadt mit vielfältigen Nutzungen, das sowohl für langjährige Bewohner des Stadtteils als auch für Hinzugezogene gleichermaßen attraktiv ist. Ein länglicher Baukörper parallel zur Rhinstraße schirmt das rückwärtige Quartier von Verkehrslärm ab und fasst einen Quartiersplatz als Zentrum. Unweit der Tramhaltestelle liegt der Quartiersplatz auf einer neuen Achse für Fuß- und Fahrradverkehr parallel zur vielbefahrenen Rhinstraße. Um dieses Zentrum gliedern sich im Erdgeschoss Gewerbenutzungen, Cafés und ein Supermarkt.

Das Gebiet wird in sechs Baufelder aufgeteilt, die in einer Struktur einseitig geöffneter Blockrandbebauungen mit sieben- bis acht Geschossen organisiert sind und attraktive ruhige Wohnhöfe schaffen. Grüne Passagen in Ost-West-Richtung durchqueren das Quartier, welche in ihren Proportionen bewährte räumliche Konfigurationen bilden. So entsteht eine Vielfalt klar gefasster Freiräume, die sehr gute wohnungsnahe Aufenthaltsqualitäten anbieten. 18- bis 19-geschossige Hochpunkte an den Hoföffnungen gehen einen Dialog mit der Umgebungsbebauung ein.

Entlang der Gehrensee Straße beherbergt ein Baukörper die Grundschule. Ihr Eingang auf der Westseite liegt geschützt von Lärm und Verkehr am Durchgang zum Quartiersplatz. Eine ausgestellte Turnhalle bietet auf dem Dach Schulgarten und Spielfläche, weitere Schulsportflächen befinden sich am Ostrand zur Wollenberger Straße. Am südlichsten Wohnhof ist eine Kita mit geschütztem Spielbereich untergebracht.

Bei einer zukünftigen Gebietsentwicklung des Quartiers auf die südwestliche Baufläche, kann der Quartiersplatz als Zentrum mit einer lärmschützenden Randbebauung zur Rhinstraße vorgeführt werden.

Erschließungstypologie und Geschossorganisation

Die Baukörper setzen sich aus zwei Gebäudetypen zusammen. Die Wohnungen des Gebäudetyp I orientieren sich einseitig in Ost-West-Richtung, er verfügt über eine Tiefe von 20 Meter. Typ II, mit einer Tiefe von 16 Meter, besteht aus in Nord-Süd-Richtung orientierten Wohnungen mit einer Mischung aus kleinen einseitig und großen durchgesteckten Wohntypologien. Entlang der verkehrsreichen Straßen sind die Wohnungen mit verglasten Loggien ausgestattet, um eine lärmgeschützte Belüftung der Aufenthaltsräume zu ermöglichen.

Die Häuser werden von den Straßen bzw. dem Platz barrierefrei erschlossen. Die Höfe liegen einen Meter über Straßenniveau, was sie gegenüber den Passagen als private Räume auszeichnet und die darunterliegenden Tiefgaragen vom Grundwasser fernhält. Um die Höhenentwicklung der Baukörper zu akzentuieren, sind entlang der Passage zwischen den Baufeldern 2 und 3 teilweise zwei Geschosse ausgespart. Dies erlaubt Blickbeziehungen in gegenüberliegende Höfe sowie eine bessere Belichtung der Grünzone.

Die Mehrheit der Stellplätze wird in Tiefgaragen entlang der Wollenberger Straße vorgehalten. Das Quartier ist autofrei geplant.

Die Erschließung der Häuser ist hauptsächlich als 6- bis 8-Spänner organisiert. Die Gebäudefiguren sind Baukörper- und Grundrissstruktur gleichartig und entsprechend seriell aufgebaut. Die Körper setzen sich aus wiederholenden Bauteilementen zusammen. Die Wohnungsgrundrisse sind klar strukturiert und sehr effizient bei hoher Standardisierung. So verfügen fast alle der Wohnungen über denselben Badgrundriss. Diese innenliegenden Bäder sind zusammen mit den Küchen um einen Fertigschacht angeordnet. Die Zimmer sind ebenfalls standardisiert und, kompakt, flächenoptimiert und so entsprechend den Wohnungsbauförderungsbestimmungen sowie dem Wohnungsbaubewertungssystem gut möblierbar. Für jede Wohnung ist ein Balkon bzw. eine Loggia als privater Außenraum vorgesehen. Alle Wohnungen sind barrierefrei.

Konstruktion und Materialisierung

Die Serialität der Baukörper erlaubt einen hohen Grad an Vorfertigung. So können die obersten fünf Geschosse als Holz- bzw. als Holzhybridbau erstellt werden, was eine hohe Qualität in kurzer Bauzeit ermöglicht. Die übrigen Geschosse werden klassisch in Massivbauweise errichtet. Die konstruktive Mischung der Materialität des Tragwerks bildet sich auch im Fassadenbild ab und gestaltet eine Sockelausbildung mit Übergang in die Hochpunkte. Die Treppenhäuser der Blockrandbebauung sind als „Sicherheitstreppenhaus light“ ausgeführt, es sind somit keine Feuerwehraufstellflächen notwendig. Die Hochhäuser verfügen über Sicherheitstreppenhäuser.

Freianlagen

Die besondere Lage des Baugebiets ermöglicht eine vielseitige Erschließung des neuen Quartiers. Während es über die Wollenberger Straße von Osten durch den MIV angefahren werden kann, ergänzt eine neue Tram-Haltestelle in der Wartenberger Straße das bereits gut ausgebaute ÖPNV-Netz. Dadurch entsteht eine Abfolge an differenzierten Zugängen, die auf die jeweilige Erschließungssituation reagiert. Mit dem Ziel, das gesamte Quartier autofrei zu halten, werden die Parkmöglichkeiten für den Individualverkehr sowie die Entsorgung des Mülls über Unterfluranlagen am Osten platziert.

Die als grüne Entrees gestalteten und zwischen den Baufeldern abgeordneten Plätze dienen als Vermittler zum Inneren des Wohnareals. Eingefasst durch wechselnde Gehölzpflanzungen übernehmen sie infrastrukturelle Funktionen und bilden den Auftakt für die in Ostwestrichtung verlaufenden Passagen. Jede der Passagen erhält durch ein differenziertes Bepflanzungskonzept einen individuellen Charakter, der zur Adressbildung beiträgt. Diese in Wege- und Grünflächen, Erschließungs- und Gartenzonen unterteilten Passagen fungieren dabei als eine Art Filter zwischen öffentlichen und privaten Nutzungsbereichen. Während die Wege von öffentlich nutzbaren Rasenflächen begleitet werden, die neben Versickerungsmulden Spiel- und Aufenthaltsangebote beinhalten, gliedern sich die den Gebäuden zugewandten Bereiche in einen Erschließungsbereich mit Vorgarten und Fahrradparkern sowie eine Gartenzone mit höhergelegenen Terrassen und in der Höhen gestaffelte Heckenkörper. Der so entstandene Pflanzsaum schützt zum einen vor unerwünschte Einblicke und verknüpft zudem die privaten Gartenhöfe im Inneren der Wohnhöfe strukturell mit den Erschließungsbereichen vor den Bauten. Ausdruckstarke Baumkörper am Ende der Passagen bauen Blickbeziehungen auf und verbinden so die Entrees im Osten über die grünen Passagen mit dem Quartiersplatz im Westen. Ein Quartiershain aus Ginkgos bzw. ein Wiesenhain aus Kirschen markieren die Übergangsbereiche zu den urbanen geprägten Freiräumen. Der sich zwischen den Wohnblöcken aufspannende Platz bietet als zentraler öffentlicher Raum vielfältigste und den jeweiligen Ansprüchen angepasste Nutzungsmöglichkeiten. Als Erschließungsfläche für die angrenzenden Gewerbeeinrichtungen, als freie Fläche für saisonale Quartiersveranstaltungen oder als Spielfeld für kleine und große Kinder bildet er so das mannigfaltige Gesicht des gesamten Quartiers. Die in Größe und Belegung variierenden Inlays sind so angeordnet, dass sie Teilräume unterschiedlicher Größe anbieten und so flexibel auf sich ändernde Entwicklungen reagieren können. Durch die direkte Anbindung zu den Haltestellen entlang der Wartenberger Straße und der Grundschule im nördlichen Block dient der Platz als großräumiger Eingangsbereich von Westen kommend und Verteiler innerhalb des Areals. Den südlichen Abschluss des Platzes bildet der öffentliche Kinderspielplatz, der durch kompakte Gehölzgruppen vom öffentlichen Straßenraum abgegrenzt wird und so ein offenes Spielen mit wechselnden Angeboten ermöglicht.

Ein robustes Korsett aus öffentlichen, halböffentlichen und privaten Räumen bildet die Grundlage für das neue Quartier an der Gehrenseestraße. Der so entstandene wohltuende Mix aus offenen und geschlosseneren (Frei-) Räumen bietet jedem Bewohner und Besucher die individuelle Aneignung dieses Lebensumfeldes und fördert zudem den urbanen Charakter dieses Areals.